Einträge mit dem Tag: Entscheidungen


Aus gegebenem Anlass: Weshalb klare Entscheidungen beim Schreiben so wichtig sind.

Ich habe in diesem Blog schon einmal über Entscheidungen geschrieben, und zwar hier.
Es ist natürlich ganz großartig, dass ich so etwas schreibe, wenn ich dann vergesse, mich selbst dran zu halten.

Samstag, 01. Mai 2021

Entscheidungen treffen ist (nicht nur) beim Schreiben immens wichtig.
Aber von vorne: Ich war schon immer eine Niete darin, klare Entscheidungen zu treffen. Das liegt unter anderem daran, dass mein Frontalhirn mir als ADSlerin diesbezüglich das Leben schwer macht. Denn wenn ich mich für eine Sache entscheide, bedeutet es fast immer, dass alle anderen Möglichkeiten unwiderbringlich weg sind. Und das quält mich. Das ist im Restaurant blöd, weil ich immer ewig brauche, bis ich mich entschieden habe, was ich nun von der Speisekarte wähle. Aber irgendwann MUSS ich mich dort ja entscheiden, wenn ich nicht hungrig wieder gehen will. Meine Entscheidung fällt immer in der Sekunde, in der der Kellner mich fragt, was es denn sein darf. Dann beginne ich mit dem Getränk (das weiß ich immer) und lege währenddessen das Gericht fest. Besonders doof, wenn ich dann die falsche Wahl getroffen habe und allen anderen das Essen schmeckt, nur mir nicht. Damit kann ich jedoch leben, weil es schnell vorbei ist. 

Die Zeit verrinnt

Aber wenn ich mich beim Schreiben weigere eine Entscheidung zu treffen, dann kostet mich das mehr Zeit. Unter Umständen richtig, richtig viel. Weil „Wurde er nun von der Russenmafia bedroht oder flieht er wegen Spielschulden?“ zu einem Plotloch führt. Wenn ich mich nicht entscheide, wie alt ein Protagonist eigentlich ist, dann können bestimmte Ereignisse unter Umständen nie stattgefunden haben. Wenn ein Manuskript sehr lange herumliegt, können bestimmte weltbewegende Ereignisse zu lange her sein, falls ich nicht gerade einen Fantasyroman verfasse. Und wenn ich mich dann nicht klar für eine Naturkatastrophe entscheide, die weniger lange her ist, dann eiere ich im Manuskript ewig mit riesigen Fragezeichen herum. 

Wenn ich Unlogik beim Leben oder bei der Arbeit der Protas entdecke, muss ich wissen, ob ich die Unlogik umständlich entferne oder ihr eine plausible Erklärung verpasse, die die Story rund macht und glaubwürdig ist. Ich bin nämlich Verfechterin der Ansicht, dass nicht alles hundertprozentig korrekt sein muss, so lange es sich harmonisch in die Geschichte fügt. Leute vom Fach könnten vielleicht nörgeln. Aber ich schreibe ja nicht für Finanzbeamte oder Fahrkartenkontrolleure, sondern für Menschen, die Unterhaltung erwarten. Ergo muss die Situation, wie ein Fahrkartenkontrolleur einen Schwarzfahrenden aus der Bahn holt, im Buch gut klingen und nicht eins zu eins den Berufsalltag eines Kontrollettis abbilden. Dafür gibt es sonst bestimmt irgendwelche Dokumentationen. Aber ich muss mich entscheiden, wie die Szene aussieht.

Abgesehen von der kreativen Lähmung, die mich während der Pandemie erfasst hat, lagen meine Manuskripte eben auch deshalb herum, weil einfach zu viele Konjunktive darin vorkamen: „Er könnte in dieser Situation das und das getan haben, aber vielleicht wäre auch xy plausibler?“ Oder, ein konkretes Beispiel, direkt aus dem Manuskript kopiert: "Vielleicht ist es bei einem Einsatz gegen Rostocker Hooligans passiert? Vielleicht was mit Pyro und einem Brand?  Sein Kollege wurde erschossen, aber vielleicht kann er auch in einem Feuer umgekommen sein, weil XY ihn irgendwo hingeschickt hatte, anstatt auf die Feuerwehr zu warten?“

Merkt ihr, was ich meine? Wie kann ich mit so viel vielleicht und hätte und könnte ernsthaft erwarten, mein Manuskript schnell zum Abschluss zu bringen? Eben. Deshalb lag es ja auch viel zu lange unangetastet auf dem Rechner herum. Weil ich mich ohne konkrete Richtung einfach vor dem Weiterschreiben gedrückt habe. Was soll ich auch schreiben, wenn ich keine Ahnung habe, wo es genau hingehen soll?

Zu viel Zeit tut selten gut

Mir ist auch klar, woran dieses Gewembel liegt.

Achso, sorry, ihr könnt den Begriff „Gewembel“ bzw. „Wembeln“ ja gar nicht kennen. Das ist ein Insider zwischen meinem Mann und mir, der schon aus den 80ern stammt. Kennt ihr die Fraggles? Die Serie haben wir damals leidenschaftlich gerne geschaut. Da gab es die Figur „Wembley“, einen strubbeligen kleinen gelben FraggleWembley Fraggle sorgt sich ständig über alles und kann sich nie entscheiden, was er als Nächstes tun soll. Merkt ihr was? Mein Mann sagte seitdem jedenfalls immer, ich solle nicht so viel herumwembeln ;-)

Also nochmal: Mir ist inzwischen klar, woran dieses mich-nicht-entscheiden-Können noch liegt, außer an meinem verstopften Frontalhirn. Mir fehlen die Deadlines. 

Also, damit wir uns richtig verstehen: Ich HASSE Deadlines. Andererseits bringen sie mich dazu, schneller eine Entscheidung zu treffen und nicht jahrelang irgendwelche Vielleichts im Manuskript zu dulden. Ich meine, wie hätte ich sonst 15 Bücher schreiben können? Diese blöde hausgemachte Blockade fing erst so richtig an, als ich mich entschieden habe, künftig Selfpublishing zu betreiben, nachdem der letzte Verlagsvertrag erfüllt war, um den ich mich bemüht hatte. Ich kannte das zwar früher schon (ich habe noch so einige unfertige Manuskripte in der Schublade, und zwar alle, die ich ohne Auftrag begonnen habe), habe mir aber gar nichts weiter dabei gedacht. So langsam geht mir aber auf, dass das Parkinson’sche Gesetz dahinter steckt:

Arbeit dehnt sich in genau dem Maß aus, wie Zeit für ihre Erledigung zur Verfügung steht (und nicht in dem Maß, wie komplex sie tatsächlich ist).

Wenn ich das Manuskript am 30. Mai abgeben müsste, hätte ich überhaupt keine Zeit mehr, um lange zu überlegen, ob die Russenmafia schuld am Verschwinden von Rick Halbschmidt ist. Dann würde ich das festnageln und als nächstes schreiben, wie das vonstatten geht. Ich würde nicht lange überlegen, wie alt manche Protagonisten sind und ob ihre Eltern noch leben. Dann müsste ich das nämlich längst wissen.

Ich bin nicht sonderlich gut darin, mir eigene Deadlines zu setzen, weil ich mich oft einfach nicht daran halte, da es ja keine Konsequenzen gibt. Meine liebe Kollegin Jackie Vellguth hatte sich dafür mal einen Trick einfallen lassen: Sie hat nämlich öffentlich verkündet, dass sie 12 Bücher in 12 Monaten schreiben würde. Und durch den öffentlichen Druck hat sie das auch durchgezogen.

Der Karteikartentrick

So weit, dass ich mich öffentlich so unter Druck setze, bin ich aus verschiedenen Gründen noch nicht. Doch nachdem ich endlich gecheckt hatte, dass meine Entscheidungsunfreudigkeit - gepaart mit zu viel Zeit - das Problem ist, habe ich mir als erstes ein tägliches Schreibziel gesetzt, ähnlich wie beim NaNoWriMo. Und dann habe ich meinen Karteikasten vorgekramt. Ich habe zwar in Scrivener die Möglichkeit, Charakterdateien anzulegen, und das habe ich auch schon getan. Aber es ist etwas völlig anderes, wenn ich Fakten zu den Figuren auf Karteikarten schreibe. Dann steht das nämlich da. Ich könnte es natürlich durchstreichen (ich schreibe bewusst nicht mit Bleistift), aber das sieht doof aus und ich mache es nur im Notfall. Also habe ich auf den Karten Nägel mit Köpfen gemacht. Und das funktionierte erstaunlich gut. Denn danach wusste ich Bescheid, konnte einfach weiter schreiben und Wembley Fraggle nach Hause schicken.

Ist hier noch jemand mit Entscheidungs- und zu-viel-Zeit-Problem?

Liebe Grüße
Petra

Klare Entscheidungen treffen!

Wie schreibe ich ein Buch? In meinem Themenspecial Wie schreibe ich ein Buch?, geht es heute um einen Aspekt des Plottens. Es klingt wie eine Binsenweisheit, aber wenn ihr euch die Handlung ausdenkt, müsst ihr irgendwann Nägel mit Köpfen machen, wohin die Story denn nun gehen soll.

Dienstag, 23. Februar 2016

Manchmal trifft mich die Erkenntnis, weshalb etwas nicht funktioniert hat, plötzlich und unerwartet, wie ein Schlag mit der Keule. Da ich euch diese Beulen gerne ersparen möchte, lasse ich euch an meinen Fehlern teilhaben, auf dass ihr daraus lernen könnt.

Die Autorin Petra A. Bauer mit Bad Hair Day bei der Arbeit: Entscheidungen treffen!

Die Autorin Petra A. Bauer mit Bad Hair Day bei der Arbeit: Entscheidungen treffen! Foto: Julia Bauer

Meine neueste Erkenntnis betrifft die Sache mit den Entscheidungen. Mein letztes Exposé kam einfach nicht zustande, weil ich offenbar selber nicht so genau wusste, wo die Story hin sollte. Während des Schreibens am Manuskript besteht meine Arbeitsweise aus einer Mischung aus Plotten und Schreiben. Ich entwerfe einen Teil der Handlung und schreibe so am Rohmanuskript, dass der Plot quasi ein Stückchen vorneweg flattert.

Rohmanuskript bedeutet bei mir, dass auch alle Anmerkungen mit einfließen, die ich während des Schreibens habe. Und im erwähnten Fall kamen verdammt oft Sätze vor, wie "Vielleicht könnte XY mit AB durch den Park gehen und sie werden dort überfallen?" Oder: "XY könnte zu AB gehen und dort von 123 erfahren. Oder soll es ihr doch lieber MN sagen? Bei welcher Gelegenheit?"

Damals habe ich mir eingeredet, dass ich nur Ideen aufschrieb, wie es weitergehen könnte. Aber mit den vielen Vielleichts und könnte, hätte, würde bin ich letztlich nicht vorangekommen. Weil ich mich nicht getraut habe, mich für einen Weg zu entscheiden. Zum Teil, weil ich dachte, dass etwas vielleicht nicht funktionieren könnte und ich mir Möglichkeiten offen lassen wollte. Denn eine Entscheidung für etwas bedeutet auch gleichzeitig eine Entscheidung gegen alles andere. Story of my life ...

Wichtig: die innere Logik

Falls ihr keinen historischen Roman schreibt, wo ihr euch an klare Fakten halten solltet, schafft ihr die Fakten selbst (und selbst beim historischen Roman müsst ihr ja auswählen WELCHE Fakten ihr verwenden möchtet). Wir Autoren sind die Schöpfer unserer Geschichten. Wir entscheiden, was passiert und wie die Umstände sind. Im Prinzip ist es völlig egal, für welche Variante wir uns entscheiden, so lange die Geschichte am Ende plausibel ist.

Die Story muss in sich stimmig sein. Die Entscheidungen, die wir treffen, legen den Grundstein für das, was weiterhin passiert. Und wenn zu viele Vielleichts darin vorkommen, wie sollen wir dann wissen wie sich die Handlung denn nun wirklich weiter entwickelt?

Was nicht passt, wird passend gemacht

Das bedeutet natürlich nicht, dass wir etwas, was wir einmal festgelegt haben, später nicht mehr rückgängig machen können. Wenn sich im Laufe der Zeit heraussstellt, dass etwas der Logik der Geschichte abträglich ist, könnt ihr es natürlich anpasssen. Wichtig ist nur, dasss ich euch zunächst für eine Variante entscheidet. Dann könnt ihr nämlich auch einfach den Rest passend machen. Weltenbauer können vermutlich ein Lied davon singen, denn dabei kommt es noch mehr auf die innere Logik an, v.a. wenn auch noch physikalische Phänomene auftauchen, die in unserer Welt so nicht vorkommen.

Bei den meisten von uns wird es allerdings nicht so kompliziert werden. Ein einfaches Beispiel: Einer meiner Protagonisten soll ein Japaner sein. Dieser hat nun eine Eigenschaft, die in Japan eigentlich nicht üblich ist. Schon habe ich mich durch meinen nervigen Zweifler aus dem Konzept bringen lasssen und überlegt, ob er nicht auch Chinese sein könnnte, was dazu besser passen würde. Dann wurde mir klar, dass ich das nicht wollte. Ich hatte mich für Japan entschieden und hatte Gründe dafür. Also muss ich in der Geschichte einen plausiblen Grund (er-)finden, weshalb dieser Japaner eine Eigenschaft besitzt, die man normalerweise in China erwarten würde. Und dadurch wird die Story doch auch gleich wieder facettenreicher.

Die eigenen Zweifel nicht auf die Leser übertragen

Wenn schon das Plotten ohne richtige Entscheidungen schwierig ist, solltet ihr diesen Fehler im Manuskript nicht auch noch machen. Ich habe doch tatsächlich neulich den blöden Satz geschrieben: "Sie überlegte, ob ihm dieses Unternehmen gehörte oder ob er nur ein professioneller Visitenkartenverteiler war, falls es sowas überhaupt gab."

Falls es sowas überhaupt gab! Wenn es meine Geschichte ist, dann gibt es sowas! Wenn es Phantastik ist, gibt es das sowieso. Und wenn es keine Phantastik ist, dann wird es trotzdem selbstverständlich, wenn wir als Autoren selbstverständlich damit umgehen.

Mir ist dieser Teilsatz schon beim Schreiben aufgestoßen. Ich wusste, es gibt diese Leute, die für ein paarMarkfuffzich diese "Wir kaufen dein Auto"-Kärtchen in die Seitenscheiben von Autos stecken. Aber eigentlich läuft sonst ja niemand herum und verteilt Visitenkarten an Leute. Das wären dann eher Flyer. Aber es ist egal. In der Zeit, in der Welt, an dem Ort wo meine Story spielt, GIBT es offenbar professionelle Visitenkartenverteiler. Darauf musss ich auch nicht näher eingehen. Aber ich darf auch nicht meine eigenen Zweifel an die Leser weitergeben. Das ist unprofessionell und schmälert das Lesevergnügen. Wer möchte schon eine Geschichte lesen, in der der Autor selber nicht weiß, was er will?

Also noch einmal: Entscheidet euch für eine Möglichkeit und arbeitet damit. Zusätzliche Erkenntnisse könnt ihr später noch einbauen und die Variante ggf. anpassen. Aber der Weg sollte keiner mit mehreren Abzweigungen sein, weil ihr euch sonst gleich am Anfang verlauft.

Liebe Grüße

Petra

Alle Beiträge zum Themenspecial Wie schreibe ich ein Buch? findet ihr hier.

Grundsätzliches:

Figuren Handlung entwerfen (Plotten)

Buchveröffentlichungen der Berliner Autorin Petra A. Bauer

Mittsommer-Romanze von Katarina Andersson-Wallin (Pseudonym von Petra A. Bauer). Erschienen am 3. Mai 2023.

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25 Jahre writingwoman | Autorin Petra A. Bauer

 
20 Jahre writingwomans Autorenblog. Seit 2.9.2002.
 
Themenspecial:
Wie schreibe ich ein Buch?

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