Spielverderber

Berlin hat ein einziges DAX-Unternehmen. Hatte, muss man inzwischen schon fast sagen.
Wer die Presse der letzten Tage und Wochen verfolgt hat, weiß, dass ich von der SCHERING AG spreche, von manchen Mitarbeitern auch liebevoll SC Hering genannt.
Schering-Mitarbeiter sind ein loyales Völkchen, gerne bereit, auch mal etwas mehr für die Firma zu tun. Aber inzwischen sind sie hochgradig verwirrt, denn von der Firma wird u.U. nicht viel übrig bleiben.
Die Scheringianer sind richtiggehend froh über die WM, sonst gäbe es nämlich in diesen Tagen nur ein einziges Gesprächsthema: Die Übernahme durch die Bayer AG, und das Torpedieren jener Übernahme durch den Spielverderber Merck…
Erinnern wir uns: Der Apotheker Ernst Schering hätte sich vieles nicht träumen lassen, als er 1851 im Wedding die "Grüne Apotheke" eröffnete. Zum Beispiel, dass daraus eines Tages ein Pharma-Unternehmen von Weltrang erwachsen würde, das über 150 Jahre selbstständig bleiben sollte, mit Hauptsitz in Berlin.
Die Scheringianer waren stets stolz auf ihre Eigenständigkeit und hatten alles daran gesetzt sich in einer vernünftigen Nische zu positionieren. Kontrazeptiva ohnehin, aber auch die Onkologie bildet einen Schwerpunkt.
Für dieses Ziel hatte man sich vor einiger Zeit u.a. von der Dermatologie getrennt - man wollte sich nicht verzetteln. Ein sinnvolles Vorgehen.
Ernst Schering hat sich sicher im Grab umgedreht, als am 13. März der "Gemischtwarenhandel"* Merck zur feindlichen Übernahme trötete. Ein Familienunternehmen, ansässig in Darmstadt, kaum größer als Schering, mit unwesentlich mehr Umsatz. Einfach lächerlich.
Angst ging um beim SC Hering, denn man wollte nicht mit Flüssigkristallkram und anderem Zeug vermengt werden, man wollte das einzige Berliner DAX-Unternehmen nicht für ein Sammelsurium opfern, wollte nicht arbeitslos werden, und schon gar nicht in die Stadt mit dem merckwürdigen Namen ziehen.
Da nahte zehn Tage später ein weißer Ritter am Horizont, bereit, das traditionsreiche Berliner Unternehmen zu retten. Prinz Bayer wollte Prinzessin Schering ehelichen, sie hatten sogar schon den Doppelnamen ausgesucht: Bayer-Schering-Pharma, Sitz in Berlin.
Die gebotene Mitgift war akzeptabel, die Produktpaletten passen trefflich zusammen - es hätte eine schöne Hochzeit werden können, wenn auch mit einer Träne im Knopfloch, gäbe man doch die geliebte Eigenständigkeit auf.
Ganz Schering bot die gehorteten (Belegschafts-)Aktien für einen Festpreis zum Kauf an, genau wie vereinbart.
Ganz Schering? Nein - ein kleines Grüppchen nervenstarker Aktionäre dachte gar nicht daran, hofften sie doch, am freien Aktienarkt irgendwann noch höhere Gewinne zu erzielen.
Und inzwischen ziehen diverse Aktionäre ihr Kaufangebot an Bayer auch wieder zurück, denn siehe da, als es so aussah, als würde die Bayer AG die anvisierten 75% Aktienanteile bis heute um 00:00 Uhr nicht erhalten können, schaltete sich leise, still und heimlich der Feind wieder ein, der damit begonnen hatte so viele Arbeitsplätze zu gefährden: Merck.
Merck kaufte Aktien wie verrückt, und liegt inzwischen bei über 20 % oder so, wohingegen Bayer, vorher bei über 60%, inzwischen nur noch bei 55% liegt…
Abgesehen von den finanziellen Einbußen, die loyale Aktionäre jetzt zähneknirschend hinnehmen, sehen alle Scheringianer sehr traurig dabei zu, wie ihre Firma zerfleischt wird. Die freundliche Übernahme durch die Bayer AG wird nicht zustandekommen, und Merck wird mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Bayer entweder toal überteuerte Aktien anbieten oder - und das ist der Horror schlechthin - Stückchen aus dem Scheringfleisch reißen und die Firma damit kaputtmachen. Und Bayer dazu, weil die Kosten letztlich wesentlich höher sind als gedacht, und das geht nicht spurlos an der Firma vorbei.
Deutschland bald ein Land der arbeitslosen Chemiker?
Vielen Dank Familie Merck.
Ich setze Ihnen dann gelegentlich unsere vier Kinder auf den Schreibtisch, auf dass Sie sie durchfüttern.
Mahlzeit!
P.S.: In diesem Zusammenhang bekommt der Titel meines Berlin-Krimis -> "Wer zuletzt lacht, lebt noch" eine sehr interessante Bedeutung. Vielleicht hätte das ja lieber ein Wirtschaftskrimi werden sollen…
~~~
* Es handelt sich dabei natürlich auch um ein Chemieunternehmen, nur, damit mir hier niemand etwas unterstellt ;-)
Dieses Posting gibt nur meine Meinung wieder.

» » Doch bloß pure Abzocke

« « Schade




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